Salzburger Festspiele: Eine Matinee führt vom Klagen zum Paradies
Jammer und Klage war in der ersten Mozart-Matinee angesagt, um einen weiteren Aspekt des Themas „Opfer“ der Ouverture spirituelle aufzugreifen. Obgleich Joseph Haydns Symphonie Hob.I:26 mit „Lamentatione“ untertitelt ist und in einer für diesen Komponisten raren Moll-Tonart steht, leitete Dirigent Andrew Manze das Mozarteumorchester Salzburg am Samstag zu kraftvoll frischem Spiel an. Nicht einmal ein Piano im ersten Allegro erschien melancholisch, sondern nur als zarter Aspekt von Haydns soignierter Festlichkeit. Im Adagio hingegen holt Andrew Manze die tiefen Streicher an die Oberfläche des Orchesterklangs: Was die Anmutung eines Trauerkondukts hatte, wurde von den Ersten Geigen zart und hurtig verziert. Dass die Symphonie mit einem Menuett als drittem Satz endet, hätte wie ein überraschender Abbruch wirken können, wäre dem nicht applauslos Mozarts „Misericordias Domini“ KV 222 gefolgt. In dessen Widerrede vom Ruf nach Barmherzigkeit und vom Versprechen, davon ewig zu singen, ließ der von Johannes Hiemetsberger famos einstudierte Chorus sine nomine den Kontrast herrlich anschwellen: zwischen verzweifelt und aufmunternd, was – theologisch wie musikdramaturgisch sinnfällig – im triumphal bekennenden „Cantabo!“ (ich singe) endet.
In Mozarts „Ave verum“ KV 618 wurde die Klage eindeutig. So homogen, wie der Chor die Leiden am Kreuz besang, eröffnete sich Mut zu Trauer: Betrachten, Zulassen und Annehmen des Schmerzes, ohne zu zerbrechen.
Welche Klage wäre größer als jene von Eltern über ein gequält sterbendes Kind? Wie die Botschaft des Christentums sogar da noch Hoffnung ermöglicht, hat Joseph Haydn in seinem „Stabat mater“ musikalisch reichhaltig ausformuliert. Chor, Orchester und Solisten – berührend vor allem Marianne Beate Kielland als Alt – setzten dies so exquisit um, dass man am Ende die Paradiesverheißung gern annahm.