Lobgesang
Saisonstart auch in Wien und St. Polten, beim Nö. Tonkünstlerorchester. Niederösterreichischer Tonkünstler zu sein heißt, mehr nächtliche Auto- und Busfahrten in Kauf zu nehmen als bei anderen Orchestern. Andres Orozco-Estrada, der junge Chefdirigent, und das Festspielhaus St. Polten haben beim oberösterreichischen Komponisten Gerhard Resch für den Auftakt ein Auftragswerk bestellt, das am Samstag in Wien uraufgeführt wurde.
Resch greift ins Volle bei seinen Klangbildern und setzt Energien frei. Polyrhythmische Motorik, fast tänzerische, perkussive Phasen, zahllose Kontraste machen den halbstündigen, dreisätzigen „Cantus firmus“ für Orchester und Chor zu einem kurzweiligen Erlebnis: sehr resch, sozusagen. Den „Chorus sine nomine“ nützte der Komponist allerdings nur, um kleine Farbkleckse im A-cappella-Eingang und zum Schluss beizusteuern. Das dürfte dem Werk eine Aufführungsgeschichte erschweren. Dirigent Orozco-Estrada hatte gut studiert, schlug hilfreich und übersichtlich auch in vertrackten Phasen.
Die Gedankenfäden führten von hier sinnvoll zurück zu Felix Mendelssohn-Bartholdy, zu dessen „Lobgesang“, einer protestantisch eingefärbten Bekenntnismusik, die nach drei symphonischen Sätzen zu einer großen Kantate ausufert. Diese eröffnete dem von Johannes Hiemetsberger vorbereiteten Chor Möglichkeiten, nach besinnlichem Einsatz in Jubelstimmung auszubrechen und Kräfte zu mobilisieren. Mit den Solisten – Christiane Oelze und Simona Saturova, Sopran, Ian Bostridge, Tenor – hatte man mehr als nur markante Akzente gesetzt. Das festliche Finale färbte auch auf die Stimmung im begeisterten Publikum ab.