Tuesday 22 May 2018

Eine chorische Offenbarung

Mit seiner Miserere-Interpretation hat der Chorus sine nomine beim Freistädter Stimmenfestival für eine künstlerische Sternstunde gesorgt.

Am vergangenen Wochenende war Freistadt drei Tage lang die Chor-Hauptstadt Österreichs. Möglich machte dies das Stimmenfestival, das längst mehr als ein Geheimtipp für Liebhaber hochwertiger Chormusik ist. Das beweist allein die Tatsache, dass das Festival bereits zum zehnten Mal über die Bühne ging. Sowohl für die Workshops als auch für die Konzerte fanden sich auf Einladung des künstlerischen Leiters Johannes Hiemetsberger und Festival-Obmann Peter Wiklicky hochkarätige Künstlerinnen und Künstler ein, die an verschiedenen Spielorten die Stadt zum Klingen brachten.

Die künstlerische Spannweite reichte dabei von modernem A-capella-Gesang der Barber’s Sisters, von Offbeat und der Formation Maybebop, bis zu klerikalen Gesängen der Barockzeit. Eines der Gustostückerl war der Auftritt des Ensemble Tonus: Dabei begaben sich Musiker auf historischen Blasinstrumenten in ein musikalisches Zwiegespräch mit Sopranistin Belinda Loukota.

Der Höhepunkt schlechthin war am Sonntagabend das Abschlusskonzert unter dem Titel „Lange Nacht der Chormusik“ in der Pfarrkirche. Dabei wurde die Evangelische Kantorei Linz unter Leitung von Franziska Leuschner von NR-Abg. Johanna Jachs mit dem Preis „Oö. Chor des Jahres“ ausgezeichnet.

„Eine Interpretation, die neue Maßstäbe setzte!“

Für eine Sternstunde sorgte dann der künstlerische Leiter des Stimmenfestivals, Johannes Hiemetsberger, mit seinem Chorus sine nomine. Die rund einstündige Interpretation des Miserere von Gregorio Allegri (arr. Ivanoff) hat definitiv neue Maßstäbe gesetzt. Die stimmliche Präzision des Chores sowie der Solistinnen und Solisten mischte sich in berührender und überwältigender Form mit virtuosen Klängen und auch Geräuschen (sic!), die Michael Krenn seinem Sopransaxophon entlockte. Das in der ursprünglichen Version aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gar nicht enthaltene und nur durch einen Übertragungsfehler in den 1950ern hinzugekommen dreigestrichene c setzte Sopranistin Martina Daxböck von der Empore jedes Mal engelsgleich in den Kirchenraum.

Mit diesem Arrangement hat Hiemetsberger eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass der Chorus sine nomine unter seiner Leitung zu den besten Chören Österreichs zählt und dass Offenbarungen auch chorischer Natur sein können.