Monday 12 October 2020

Bewegendes Finale der Chor- und Orgeltage in Hohenems

Händels „Israel in Egypt“ mit dem Chorus sine nomine als gelungene Interpretation.

Hohenems. Trotz seines (fehlenden) Namens zählt der Chorus sine nomine zu den namhaftesten Chören Österreichs. Es war deshalb eine besondere Freude, diesen Klangkörper zum Schluss der Hohenemser Chor- und Orgeltage mit Händels monumentalem Oratorium „Israel in Egypt“ hören zu dürfen. Das Werk stellt an den Chor hohe Anforderungen, er ist in 25 der 39 Nummern im Einsatz. Von seinem Gehalt her passt dieses Oratorium bestens in unsere Zeit: Im ersten Teil geht es um die Plagen, mit denen der Gott der Israeliten die Ägypter heimsucht, im zweiten um den Dank nach dem erfolgreichen Auszug. Von den trauerversonnenen tiefen Streicherklängen der Symphonia bis zum triumphalen Schlusschor folgte das Publikum konzentriert einer fast zweistündigen Aufführung. Geleitet von Johannes Hiemetsberger, dem Gründer und Dirigenten, gelang eine bewegende, ausnehmend klangschöne und abwechslungsreiche Interpretation, fließend und nie extrem in den Tempi. Vielleicht hätten manche Kontraste noch mehr geschärft werden können, aber das ist Geschmackssache.

Aus diesem Riesenwerk können nur ein paar Beispiele erwähnt werden: Im Seufzerchor (Nr. 2) bauten sich, eingeleitet von einem Solo der Altistin Marian Dijkhuizen in stetiger Steigerung klagende Klangwellen zu imposanter Architektur auf, im Doppelchor „He spake the word“ rüttelten die heroischen Eingangsakkorde auf, bevor die lautmalerisch mit flirrenden Streichern gestalteten Fliegenschwärme die Zuhörer überwältigten. Im Hagel-Doppelchor überzeugten Chor und Orchester mit Klangfülle und harschen Akzenten. Umso unheimlicher wirkte dann der langsame Einbruch der Finsternis mit expressiven tiefen Streichern und dem Chor in leisestem Piano.

Über den Chor kann man nur Gutes schreiben: absolut intonationssicher, präsent bei den Einsätzen und vom pianissimo bis zum fortissimo immer klangschön, mit perlenden Koloraturen in den Fugen. Concerto Stella Matutina erwies sich als präzises, stilsicheres und engagiertes Begleitorchester. Wenn am Schluss die Prophetin Miriam von der Kanzel aus den finalen Lobgesang des Chores für Gott als Retter anstimmt, hat sich diese Zuversicht auch auf das bewegte und dankbare Publikum übertragen.

Ulrike Längle