Unverblümte Mahnungen
Brahms und Schönberg im Stefaniensaal.
Bis Allerseelen sind es zwar noch zwei Wochen, aber angesichts der Weltlage sind Mahnungen immer angebracht. Dirigent Johannes Hiemetsberger und der Chorus sine nomine aus Wien kombinierten im Stefaniensaal sinnfällig Arnold Schönbergs „Friede auf Erden“ mit Johannes Brahms‘ „Ein deutsches Requiem“. Letzteres in ungewöhnlich schlanker Orchesterbesetzung. Interpretationen auf Originalinstrumenten sind im Fall des Brahms-Requiem längst keine Pioniertat mehr, zwischen aufpeitschender Dramatik und dem Versuch, darin die Tradition lutherischer Kirchenlieder hörbar zu machen, gab es ja schon alle möglichen Ansätze.
Das L’Orfeo Barockorchester und der Chor sorgten für Sehnigkeit, Transparenz und ungewöhnliche Klangfarben. Im „Denn wir haben hie keine bleibende Statt“ brach sich die Dramatik unverblümt Bahn, unterstützt auch vom opernaffinen Gesang von Bariton Florian Boesch. Sopran Elisabeth Breuer hielt das Niveau einer in ihrer Schlichtheit und Intensität starken Aufführung ohne romantisches Zuckerwerk. Sehr hell leuchtete davon auch Schönbergs kurzes Chorstück.
Martin Gasser